Begabungen finden und fördern
Persönlichkeitspsychologie
Die Begabung ist nur eine Komponente, nur ein Merkmal der Persönlichkeit.
Bei der Förderung müssen auch andere Persönlichkeitsmerkmale berücksichtigt werden.
Es muss uns bewusst sein, dass durch Fördermaßnahmen auch umgekehrt
Persönlichkeitsmerkmale beeinflusst werden.
Spätestens unter diesem Aspekt ist die Frage nach dem Beweggrund der Förderung
der Begabten zu stellen.
Es gibt zwei Positionen:
a) Man betrachtet die Begabten als Objekte.
Dann wird die Förderung damit begründet, dass die Gesellschaft hochleistungsfähige
Bürger (Eliten) für die Lösung aller Aufgaben braucht.
b) Man betrachtet die Begabten als Subjekte.
Dann bedeutet Förderung, dass man jedem Begabten bei der Entwicklung seiner Fähigkeiten hilft
- und seine Entwicklung nicht behindert (z.B. durch Orientierung der Anforderung am Duchschnitt).
Ich befürworte unbedingt die Orientierung an b). Dies bedeutet auch, die Begabten
rechtzeitig mit den künftigen Anforderungen der Gesellschaft vertraut zu machen und
ihnen - unter Berücksichtigung ihrer individuellen speziellen Fähigkeiten -
weiterführende Wege aufzuzeigen.
Unter a) ist der Nützlichkeitsaspekt (ob "es sich rechnet") primär, unter b) ist er sekundär.
Interessant ist, dass sich begabte Jugendliche z.Zt. durchaus auch mit der Frage "ob es sich rechnet" und
was sich speziell für sie "rechnet", beschäftigen, was man ihren Fragen im Internet entnehmen kann.
Erkenntnisse der Persönlichkeitspsychologie helfen auch, das soziale Verhalten
Begabter zu erklären. Eine Orientierung dafür geben die "big five":
- Extraversion
- Verträglichkeit
- Gewissenhaftigkeit
- Neurotizismus
- Offenheit.
Jedes dieser Merkmale ist bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt (von hoch bis gar nicht).
Die Gesamtheit der unterschiedlich ausgeprägten Merkmale wird häufig als Charakter bezeichnet und
ist für die Einschätzung eines Schülers generell wichtig. Bei extrem schwacher oder aber besonders
guter Leistungsfähigkeit wird - unbegründet ! - das durch den "Charakter" bestimmte Verhalten in die
Bewertung einbezogen ("hat sich Mühe gegeben" bzw. "bei der Leistungsfähigkeit hätte das besser sein müssen").
Ein ausführlicheres Beispiel: Zwei Schüler mit außerordentlichen Leistungen auf mathematischem Gebiet
(also weitgehend übereinstimmenden Begabungsmuster), der eine als arrogant und
überheblich verschrieen, der andere ob seiner Hilfsbereitschaft beliebt.
Die Ursache für dieses als krass unterschiedlich empfundene Verhalten könnte schon allein
in den extrem unterschiedlichen Ausprägungen von "Verträglichkeit" und "Neurotizismus"
(bei Übereinstimmung in den anderen der "big five") zu suchen sein. Wie wäre dies in den
Förderaktivitäten zu berücksichtigen?
Es entsteht die Frage, wie und mit welchen Erfolgsaussichten solche Persönlich-
keitsmerkmale zu verändern sind. Nach Meinung der Experten ist die Persönlichkeits-
struktur mit Erreichen des Schulalters nur noch zu etwa 20% veränderbar.
Schlussfolgerung:
- Frühzeitig mit der Förderung beginnen!
- Diese 20% optimal nutzen!
Wie?